
“Send Nudes!” – Wehr dich gegen sexuelle Belästigung online
Zweideutige Kommentare, direkte Anmache, Aufforderungen Nacktfotos zu schicken oder ungefragt solche Fotos zu verschicken – so häufig einem das online begegnen mag, ok ist es trotzdem nicht. Manche Dinge sind sogar strafbar.
Viele Kinder und Jugendliche haben online schon sexuelle Belästigung erlebt. Täter:innen können Personen jeden Alters sein. Schuld sind dabei nicht diejenigen, die belästigt werden, sondern diejenigen, die die Grenzen anderer überschreiten! Täter:innen versuchen oft Betroffenen eine (Teil-)Schuld an der Belästigung zu geben. Das gibt ihnen das Gefühl, es wäre in Ordnung, was sie machen. Ist es aber nicht – egal wie eine Person sich kleidet oder gibt. Niemand „legt es drauf an”!
Was ist sexuelle Belästigung und woran erkennst du sie?

Unter sexueller Belästigung versteht man im Allgemeinen ein einseitiges und unerwünschtes Verhalten mit sexuellem Bezug, dass die betroffene Person in ihrer Würde verletzt. Betroffene empfinden dies meist als grenzüberschreitend, respektlos, erniedrigend oder einschüchternd.
Überall, wo online kommuniziert wird, kann es zu Belästigungen kommen – in Posts oder Kommentaren, Livestreams, Video- oder Sprachchats, in Social-Media-Diensten und Games. Gerade in privaten Chats scheinen manche die Hemmungen vollkommen zu verlieren und versuchen das Gespräch in eine sexuelle Richtung zu drehen. Sowas musst du dir nicht bieten lassen! Auch wenn ein Chat erst nett und harmlos war – du kannst jederzeit abbrechen, wenn Du Dich unwohl fühlst. Lass dich auf keine Diskussionen oder Überredungsversuche ein. Niemand hat einen Anspruch auf deine Zeit und Aufmerksamkeit und erst recht nicht auf Nacktfotos oder sexuellen Kontakt. Auch nicht, wenn ihr euch in einer Flirt-App kennengelernt habt.
Manche Kommentare und Nachrichten sind klar als sexuelle Belästigung erkennbar: Jemand erzählt dir unaufgefordert von seinen sexuellen Fantasien, will Nacktbilder von dir oder ein Sextreffen vereinbaren. Bei anderen Kommentaren wird es schon schwieriger. Wenn dir deine beste Freundin „netter Arsch“ unter ein Foto kommentiert, kann das etwas anderes sein, als wenn es eine fremde Person schreibt. Andere Kommentare wirken nicht direkt anzüglich, können aber so gemeint sein: „Zeig mal deine Füße” oder „Zieh doch mal deine Jacke aus” sind Beispiele dafür. Das gilt auch für Emojis, die in sexuellen Kontexten verwendet werden, wie z. B. das Auberginen- oder das Wassertropfen-Emoji. Wenn dir ein Kommentar zu eindeutig ist oder du dich belästigt fühlst, ignoriere die Person. Oder sag ihr, dass sie eine Grenze überschritten hat. Du kannst auch den Kommentar löschen. Dafür musst du dich nicht rechtfertigen!
Höre bei deiner Einschätzung auf dein Bauchgefühl. Du bestimmst, wo deine Grenzen liegen und mit wem du dich unterhalten möchtest.
Was sagt das Gesetz?
Sexuelle Belästigung im Netz kann nicht nur gegen die Richtlinien von Social-Media-Diensten verstoßen, sondern in bestimmten Fällen auch strafbar nach dem Strafgesetzbuch sein.
Will jemand Kinder (unter 14 Jahren) zu sexuellen Handlungen bringen und wirkt mit entsprechenden Inhalten auf sie ein, kann das strafbar sein. Es kann sogar strafbar sein, wenn Täter:innen lediglich auf Kinder einreden und die Art und Weise des Einredens Pornografie gleichkommt („Cybergrooming“/sexueller Missbrauch von Kindern).

Schickt jemand Bilder, Videos oder Links mit pornografischen Inhalten an Minderjährige (unter 18 Jahren) kann das strafbar sein (Verbreitung von Pornografie). Noch problematischer ist es, wenn die gezeigte Person selbst minderjährig ist und die Inhalte beispielsweise in Gruppenchats oder im Netz verbreitet werden (Missbrauchsdarstellungen/„Kinderpornografie“ bzw. Jugendpornografie).
Die Herstellung von jugendpornografischen Inhalten kann ausnahmsweise erlaubt sein, wenn die Personen (ab 14 Jahren) das nur für sich selbst machen. Wichtig ist dann, dass die dargestellte Person eingewilligt hat. Wer solche Aufnahmen weiter schickt kann sich strafbar machen.
Zudem kann es strafbar sein, unbefugt Aufnahmen von intimen Körperbereichen zu machen, die gegen Anblick geschützt sind (z. B. Unter-den-Rock-Fotografieren – Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen). Fürs Benutzen und Weiterleiten der Aufnahmen gilt natürlich dasselbe.
Aufnahmen und deren Weitergabe können auch tabu sein, wenn sich die Person in einer Wohnung oder einem Raum befindet, der gegen Einblick besonders geschützt ist (z. B. Toilette oder Umkleidekabine) und der sogenannte „höchstpersönliche Lebensbereich“ der Person verletzt wird. Gleiches gilt für die Weitergabe von Bildaufnahmen, die dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich schaden können. Auch wer Nacktbilder von Minderjährigen gegen Bezahlung erstellt, anbietet oder sich bzw. anderen beschafft, kann sich strafbar machen. (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen und von Persönlichkeitsrechten).
Und was ist sonst noch strafbar abgesehen von Bildaufnahmen? Beleidigungen können strafbar sein und üble Nachrede also wenn Tatsachen über andere behauptet, die andere verächtlich machen oder herabwürdigen, aber in Wirklichkeit gar nicht stimmen. Wer z. B. mit einerDrohung andere dazu bringt, etwas zu tun oder zu lassen, kann sich einer Nötigung strafbar machen. Noch schlimmer ist eine Erpressung: Eine Nötigung, bei der man sich unter anderem noch bereichern will.
Wenn jemand Fotos von dir verbreitet oder private Nachrichten veröffentlicht, kann es sich um Cybermobbing handeln. Wenn du hierzu Tipps brauchst, schau mal in unseren Artikel “Online fertiggemacht - Was tun bei Cybermobbing?!”.
Was kannst du dagegen tun?

Nutze Sicherheitseinstellungen!
Belästigungen kannst du leider nicht vollständig verhindern, viele Dienste bieten aber hilfreiche Sicherheitseinstellungen an. Über diese kannst du z. B. kontrollieren, wer deine Inhalte ansehen und kommentieren kann oder verhindern, dass Fremde dir private Nachrichten schicken. Denke daran, gelegentlich deine Freundesliste zu checken!
Manche Dienste bieten für Kommentare die Möglichkeit, Filter zu aktivieren oder sogar eigene zu erstellen. Diese verhindern das Posten, wenn einer der Begriffe enthalten ist. Konkrete Tipps und Klickanleitungen zu beliebten Diensten, findest du in unserem Kompass. Schau mal in unsere Tipps, die dich dabei unterstützen, online sicherer unterwegs zu sein. Misstrauisch bleiben und auf dein eigenes Gefühl hören, ist immer wichtig.
Du wurdest belästigt? Wehr dich!
- Sprich mit einer (erwachsenen) Vertrauensperson. Sie kann dir helfen die Situation einzuschätzen und dich bei den nächsten Schritten unterstützen.
- Dokumentiere die Übergriffe, sichere die Chatverläufe und mache Screenshots. Mit Beweisen könnt ihr euch auch an die Polizei wenden.
Ausnahme: Dokumentiere keine Bilder, die sexuelle Handlungen oder die Fokussierung eines nackten Genitalbereiches eines Kindes zeigen. Bei der Speicherung kannst du dich selbst strafbar machen. Wende dich damit direkt an die Polizei und besprich mit ihr die Beweissicherung. - Beende das Gespräch und blockiere die Person.
- Melde die Person im Dienst. Wie das Melden bei einigen beliebten Diensten funktioniert, kannst du unter Kompass nachlesen. Reagiert der Anbieter nicht oder gibt es keine Meldemöglichkeit, kannst du dich an uns wenden, wenn die Inhalte öffentlich einsehbar sind. Wir versuchen, dich bei der Löschung zu unterstützen.
Es gibt Beratungsstellen, die dir in so einer Situation gerne mit Rat zur Seite stehen. Hier kannst du anonym bleiben, wenn du das möchtest:
Denk an andere.
Wenn du Bilder anderer kommentierst, überleg kurz, wie das bei ihnen ankommen könnte, besonders wenn es um jemanden geht, den du nicht oder nicht so gut kennst. Was du als Kompliment oder einen „heißen Flirt“ verstehst, kann für dein Gegenüber schon unangenehm sein. Respektiere es, wenn andere dir sagen, dass du zu weit gegangen bist. Faustregel: Wenn es dir peinlich wäre, jemandem etwas ins Gesicht zu sagen oder die Person nicht mit einem „Danke“ darauf antworten kann, ist es wahrscheinlich kein Kompliment.
Wenn du sexuelle Belästigung beobachtest, stell dich auf die Seite der Betroffenen und unterstütze sie, z. B. indem du die Inhalte meldest.